St. Eberhard

Interview mit unserem neuen Domkantor Adam Krukiewicz

Adam Krukiewicz hat im April seine Stelle als Domkantor in St. Eberhard begonnen

Wie geht es Ihnen persönlich damit jetzt hier in St. Eberhard Ihre Stelle als Domkantor zu beginnen?

Ich spüre eine große Dankbarkeit für das Vertrauen, dass ich diese Stelle zwei Jahre nach meinem Studium antreten kann und bin dankbar für die tollen Begegnungen mit den Kolleg:innen, den Sänger:innen, den Ensembles der Domsingschule. Alle sind sehr hilfsbereit und ich fühle mich sehr herzlich angenommen.

Worauf freuen Sie sich? Was sind Ihre Ziele? Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit?

Ich freue mich auf die sehr reichen Gestaltungsmöglichkeiten, darauf dass ich tolle Projekte gestalten darf. Es freut mich, dass die Dommusik gewisse finanzielle Möglichkeiten hat, die manche interessante Projekte erst möglich machen, dass es interessante Kooperationen gibt zum Beispiel mit dem Staatsorchester und dass die Stelle so exponiert ist. Ich freue mich auch über das hohe musikalische Niveau. So schätze ich beispielsweise den Domorganisten Professor Mayr enorm als Künstler, ich durfte ihn auch als Professor in der Musikhochschule kennenlernen. Es ist für mich eine Ehre mit der Domkapellmeisterin Lydia Schimmern und den anderen Musikern hier zusammenarbeiten zu dürfen. Die Ensembles lerne ich gerade kennen. Ich wünsche mir, dass die kleine Revolution, die ein neuer künstlerischer Leiter mit sich bringt, den Ensembles zu Gute kommt und dass wir im Herbst das Beste von diesem neuen Tandem zeigen können. Auf menschlicher Ebene ist es mir sehr wichtig zu allen, die zu den Ensembles gehören, eine freundliche und respektvolle Beziehung aufzubauen.

Wie kamen Sie zur Musik, welchen Stellenwert hat die Musik für Sie?

Meine Mutter hat alle Nachmittage mit jeglicher Art von Freizeitaktivitäten ausgefüllt, eine davon war das Klavier spielen, weil ich ein hyperaktives Kind war. Mit dem Klavier hatte ich zwischendurch auch schwierige Zeiten, wie es wohl bei vielen Jugendlichen vorkommt. Ich habe mir eine mehrjährige Pause von dem Instrument genommen, ab der 5. Klasse, weil ich es damals nicht so toll fand zu üben. Gleichzeitig habe ich ab der 5. Klasse in der Kirche weiter musiziert mit der Gitarre und auch auf Diözesanebene. In meiner Gemeinde habe ich Messen für Jugendliche musikalisch gestaltet, Lieder ausgesucht und ein kleines Chörchen, eine Schola geleitet. Das war so eine Werkstatt der liturgischen Musik. Meistens haben wir einstimmig gesungen. Mit 14 Jahren habe ich mit meinem Chor mit neuer geistlicher Musik beschäftigt, wir haben auch Aufnahmen gemacht. Dieses gemeinsame Musizieren in der Kirche hat mich bei der Musik gehalten und tatsächlich hatte ich nie eine Pause von der Musik, auch wenn ich mehrere Jahre kein Klavier mehr gespielt habe.
Weil mir meine musikalischen Erfahrungen in der Kirche so viel Freude gemacht haben, habe ich meiner Mutter mit 15 Jahren gesagt: „Mama ich ziehe aus, ich möchte die staatliche Musikschule der Landeshauptstadt besuchen.“ Ich bin in das Internat der staatlichen Musikschule in meiner Landeshauptstadt in Polen gezogen und dort hatte ich dann auch wieder die innere Motivation Klavier zu üben. Das war dann kein Problem mehr.

Musik schafft eine Verbindung zu meinen tiefsten Gefühlen. Musik ist ein schweres aber sehr dankbares Fach. Die Musik schafft eine zwischenmenschliche Verbindung auf einer eigenen Ebene. Man muss nicht viel mit Worten sagen, sie bringt vielmehr das heraus, was wir selbst nicht benennen können. Gemeinsame musikalische Empfindungen und Erlebnisse bringen Menschen zusammen.

Welche Musik hören Sie privat gerne?

Klassische Musik, das überrascht wohl nicht. Filmmusik wirkt sogar noch stärker auf mich, wenn sie mit Geschichten und Erlebnissen verbunden ist. Zum Entspannen höre ich gut gemasterten Pop und Funk, daran gefällt mir die Tonqualität und Tonfarbe und auch Smooth Jazz.

Nichts ergreift mich jedoch mehr als frappierende Harmonie und die Beherrschung der Zeit in der Phrasierung. Musik kann das Gefühl von Zeit auflösen, wenn ich höre, dass Musiker Kurvenbewegungen beim Musizieren präzise kontrollieren können. Dann erscheint es mir so, als ob sie das Gefühl von Zeit beim Hörerlebnis kontrollieren können. Das ergreift mich dann sehr und rührt mich an.

Wie kam es dazu, dass Sie Kirchenmusiker geworden sind, was ist Ihre Motivation?

Das war irgendwie eine natürliche Entscheidung. Ich verbrachte meine Jugendzeit in der Kirche und bin durch das Musizieren in der Kirche auch bei der Musik geblieben bzw. zum Klavier zurückgekommen. Die Orgel faszinierte mich neben meiner ersten Liebe, dem Klavier. Weil ich so gerne Menschen mit meinen musikalischen Ideen begeistern möchte, war auch das Dirigieren selbstverständlich. Ich kenne kein anderes Fach wie die Kirchenmusik, in dem ich mich in allen diesen Bereichen ausleben kann.

Sie werden als Leiter des Nachwuchschores der Mädchenkantorei Kinder bei ihren frühen Erfahrungen mit der Musik begleiten und sie musikalisch ausbilden. Was glauben Sie, welche Effekte eine musikalische Ausbildung für das Leben haben kann, wie wirkt sich eine musikalische Ausbildung auf das Leben aus?

Zunächst möchte ich auf die weitreichende empirische Forschung zu dem Thema hinweisen. Kinder lernen mit der Musik die Sprache der Gefühle. Durch die Musik lernen Kinder sich auf einer anderen Ebene mit ihren Gefühlen zu verbinden. Hier erlangen sie die Fähigkeit, ihre eigenen Gefühle zu unterscheiden und zu benennen. Kinder können außerdem mit Gleichaltrigen in Kontakt kommen, dass Singen schafft Gemeinschaft und Kommunikationsmöglichkeiten.
Außerdem schafft die Musik ein Gefühl der Zugehörigkeit. Beim Singen teilt man eine enorme Menge an Endorphinen. Das Gefühl ist ähnlich wie beim Sport, dass man etwas gemeinsam schafft, baut und kreiert. Aber anders als bei den Teamdisziplinen im Sport kämpft man nicht gegen andere, sondern strebt gemeinsam zum gleichen Ziel.

Man lernt seine eigene Zeit zu organisieren und Zeitdisziplin. Man lernt, dass man nicht aufgibt, wenn es ein bisschen schwieriger wird, dass erst das Überschreiten von Schwierigkeiten die Freude bringt. Anders als beim Instrument ist diese Anstrengung, diese Überwindung von Schwierigkeiten in der Gemeinschaft des Chores einfacher.

Was macht Freude daran einen großen Chor wie den Domchor zu leiten und im Gegensatz dazu die Arbeit mit einem kleinen Chor wie der Schola Gregoriana? Was ist hier der Unterschied auch musikalisch?

In einem großen Chor ist es sehr wichtig, dass jeder Sänger eine Haltung zum Singen hat wie ein Solist, der die Verantwortung für die ganze Sektion trägt und sich nicht hinter anderen versteckt. Jeder soll sich wie ein Solist fühlen und sich mit vollem Engagement in den Gesamtklang des großen Chores einblenden und einmischen. Die Sänger:innen sollen sich am Klang des Chores mit starkem Gestaltungswillen anlehnen wie an die Flügel von einem Adler, um dann die großen Klänge im Raum schweben zu lassen. Jeder soll denken: Ich bin wichtig, aber ich weiß hinter mir stehen andere und stärken mich.

Der gregorianische Gesang hat eine andere Ästhetik als der Gesang eines großen Chores, in diesem Gesang steckt eine überzeitliche Dimension. Als junger Chorleiter bin ich versucht einen großen Klang zu erzeugen, aber ich gehe an die Schola Gregoriana anders heran wegen der anderen Ästhetik. In einer kleineren Gruppe kann ich überdies musikalisch individueller auf die einzelnen Sänger eingehen und individueller unterstützen.

Was bedeutet Ihnen die Kirchengemeinde als Gemeinschaft persönlich?

Menschen kommen in die Kirche mit anderen Gedanken als an die Arbeit, sie wollen eine andere Dimension erleben, eine geistliche Dimension. Dadurch begegnet man den Menschen von einer anderen Seite als in der Arbeit. Wir begegnen uns viel persönlicher in persönlichen Lebenssituationen. In freudigen, wie der Eheschließung oder der Taufe, aber auch in traurigen, wie bei der Verabschiedung von den Liebsten. Wenn man sich in der Gemeinde auf diese persönliche Dimension einlässt, dann haben die Beziehungen zwischen den Menschen eine andere Qualität als unter Arbeitskollegen, vielleicht sogar eine andere als im Sportverein. Wir treten ein in den Kirchenraum mit anderen Gedanken, vielleicht auch mit Problemen im Gepäck. Es geht um das Innerliche und wir begegnen uns mit einem freundlichen Lachen oder einem freundlichen Blick auf einer anderen, innerlicheren Ebene.

Was bedeutet Ihnen Ihr Glaube persönlich?

Mein Glaube ist wie ein Baum, tief verwurzelt in der Welt aber auch hochwachsend, so dass der Wind in den Blättern spürbar ist. Mein Glaube schafft für mein Leben eine vertikale Dimension. Eine feste Verwurzelung, das ist mein christlich moralischer Kompass und oben in den Zweigen das Gefühl, in etwas Überirdisches zu schweben. Der Baum hat eine feste Borke, in der sich meine Erlebnisse eingefaltet haben. Ich weiß, dass mein Glaube da ist. (Interview: sc)

 

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